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Gedanken zu Pfingsten
11. Mai. 2008 · 4.909 mal gelesen | 1 Kommentar »
Ich bin gefragt worden: Was ist eigentlich Pfingsten?
Mehr oder weniger umständlich habe ich versucht zu erklären, worum es an Pfingsten geht. Die Reaktion war ein paar große Augen und die Frage: „Gell, du weißt es auch nicht?!“
Dann ist mir eine Andacht eingefallen, die ich vor ein paar Jahren an Pfingsten im Radio gehört habe:
„Warum verstehen wir einander oft so schlecht? Warum gibt es Konflikte, auch wenn keiner dem anderen bös will? Warum sprechen wir überhaupt verschiedene Sprachen?
Uralte und leidvolle Fragen sind das. Und es gibt auch alte Geschichten dazu, die versuchen diese Fragen zu klären. Die Geschichte vom Turmbau zu Babel erzählt zum Beispiel, dass vor Urzeiten alle Menschen dieselbe Sprache gesprochen hätten. Gemeinsam sind wir stark, dachten sie, und fingen an, ein gigantisches Bauwerk zu errichten, einen Turm bis zum Himmel. Aber, so die Geschichte, Gott lässt nicht zu, dass die Menschen sich des Himmels bemächtigen. Und so verwirrt er ihre Sprache und zerstreut sie in alle Gegenden der Erde. Jetzt können sie nicht mehr weiterbauen an ihrem Turm bis in den Himmel.
Ein Gott, der sich seiner Haut wehrt, weil die Menschen ihm zu nahe kommen, ist mir fremd. Wichtiger ist für mich die Aussage: Am Anfang, als alles noch gut war, da haben sich die Menschen noch verstanden. Dass sie sich jetzt nicht mehr verstehen, ist eine Katastrophe. Darum geht es in der Turmbaugeschichte.
Die Erlösungsgeschichte dazu erzählt vom Pfingstfest. Jerusalem war gerade voll von ausländischen Touristen und Pilgern. Auch die Jünger Jesu hatten sich in Jerusalem versammelt. Und dann erzählt die Bibel, dass die Jünger mit Heiligem Geist erfüllt wurden und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. Jeder, der die Jünger hören wollte, konnte sie in seiner Muttersprache verstehen.
Das erste, was der Heilige Geist also bewirkt, ist, dass Menschen einander verstehen.
Wenn Christen jetzt in der Zeit vor Pfingsten um den Heiligen Geist beten, dann bitten sie auch darum, zu verstehenden Menschen zu werden. Leider geht das nicht so plötzlich, wie es in der Bibel erzählt wird. Oft erzählen ja biblische Geschichten Entwicklungen in kurzen Sätzen, wofür man eigentlich ein ganzes Leben braucht.
Der Heilige Geist fährt ja nicht einmal in uns hinein und wir sind verwandelte und erlöste Menschen. Er begleitet unser ganzes Leben und Reifen und auch den Weg, den wir gehen müssen, um einander verstehen zu können.
Ein verstehender Mensch zu werden, das beginnt mit der Sehnsucht, dass andere mich verstehen. Wenn man dann merkt: Ich kann andere nicht dazu zwingen, mich zu verstehen. Ich kann nur versuchen, andere zu verstehen, wenn man das merkt, dann war wohl schon der Heilige Geist am Werk. Wer andere verstehen will, lernt zuzuhören. Er fängt an, mehr Fragen zu stellen als Urteile abzugeben.
Es ist gut, wenn Christen in diesen Tagen um den Geist des Verstehens bitten und selber anfangen, andere zu verstehen. Ich glaube, das verändert die Welt.“
(Gabriele Landler im SWR 3)
Am 31. Mai 2009 um 03:33 Uhr
[…] letzten Jahr habe ich noch geschrieben, dass Pfingsten ein kompliziertes Thema ist. Dabei könnte man es auch ganz einfach […]